Meine Sicht auf Liga Drei (18)
Einen gnadenlos subjektiven, aber nicht allzu ernst nehmenden Blick auf die Dritte Liga Süd wagt Sportskanone Erhard VerWunderlich
Folge 18: Der Saisonbeginn
Vorfreude, schönste Freude. Wenn ich ehrlich sein soll, war im Mai nach dem Ende der aufregenden Zweitligasaison der geistige Sportakku ziemlich leer. Man freut sich auf einen erholsamen und sportfreien Sommer. Und dann erwischt man sich doch wieder dabei, dass nach gerade mal vier Wochen der Blick bei den familiären Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung heimlich zu den brachliegenden Sportplätzen und Hallen gleitet. Na ja, zumindest aus den Augenwinkeln.
Nun ist es also wieder soweit. Die dritte Liga hat uns wieder. Die SG H2Ku betritt praktisch sein altes, aber immerhin frisch renoviertes Wohnzimmer. Die schlechten Möbel sind aussortiert, neue und bessere sind dazugekommen, sprich es hat sich eindeutig eine neue Qualitätsstufe entwickelt. Und wenn sich bei Sport1 jedes Jahr die reißerische Vorschau zur zweiten Fußball-Bundesliga wiederholt ("Die beste Liga aller Zeiten"), kann dieses Zitat ohne schlechtes Gewissen für die dritte Liga Süd ausgeliehen werden.
Apropos dritte Liga: Bei der Diskussion zur Namensgebung haben sich 99 Prozent aller Vereine für diese Vernamsung und gegen die Bezeichnung dritte Bundesliga ausgesprochen. Immerhin beachtlich, wenn man bedenkt, dass viele Teams auf diese Weise mal eben Rubbeldiekatz zum Bundesligisten mutieren würden. Macht sich doch immer gut auf jedem Briefbogen.
Ein kurzer Blick über die noch jungfräuliche Tabelle lässt erahnen, dass es für die heimische SG eine harte Saison werden könnte. Alle Teams aufzuzählen, denen man zutraut, mit der Kromer-Truppe auf Augenhöhe zu spielen, würde wohl den Platz auf dieser Seite sprengen. Ganz zu schweigen von den vermeintlich besseren Mannschaften. Und ob die Aufsteiger nur zum Auffüllen des Sechzehnerfeldes angetreten sind, darf leise angezweifelt werden. In Nieder-Olm hofft man bei den Heimspielen durch den Anwurf um 11 Uhr vormittags vielleicht nicht ganz umsonst auf einen verschlafenen Gegner. Und beim Neuling aus der Landeshauptstadt betrachtet man das Konstrukt dritte Liga eh nur als Durchgangsstation in höhere Gefilde, wobei interessant sein wird, ob sich das Engagement des Hauptsponsors aus dem Facility-Segment nach dem Aus der von ihm ebenfalls unterstützten Bundesligafrauen aus Sindelfingen vielleicht sogar noch erhöht. In welcher Form auch immer.
Die Vorbereitungsergebnisse der Herrenberger lassen jedenfalls nicht den Schluss zu, dass es eine Saison mit Aufstiegsträumen werden könnte. Ein Umstand, der allerdings auch in den letzten Jahren in ähnlicher Form vorherrschte. Der Rest ist bekannt. Das Problem seit nun vier Jahren ist auch, dass sich die Ballwerfer aus dem Gäu eine gewisse Fallhöhe in Sachen Qualität erarbeitet haben. Ein eventueller Absturz, der immer mal kommen könnte, würde deshalb umso mehr wehtun. Aber soweit muss es ja nicht kommen. Ein entscheidender Fakt wird wie immer sein, wie sich die Neuzugänge ins Team integrieren. Dass der Leitwolf von Bord gegangen ist, macht die Aufgabe nicht dabei leichter. Bei der Rekrutierung neuen Personals gingen die Verantwortlichen des Vereins in diesem Jahr mal gänzlich neue Wege. So wurden zwei Akteure aus komplett fremden Gefilden aus dem Hut gezaubert. Nun gut, nicht ganz zwei fremde Gefilde. In Griechenland waren wir ja alle schon mal und haben viel über die Kultur erfahren. Aber die wenigsten von uns kennen sich doch wirklich im äußersten Osten der Republik aus, höchstens aus den schwärmerischen Berichten aus dieser Gegend zugezogener Neu-Württemberger.
Der offizielle Aufgalopp im hessischen Vellmar sollte dabei hoffentlich nur ein Intermezzo auf dem Weg zum Drittligastart sein. Dass dann am ersten Spieltag gleich der Regionalligadino Köndringen/Teningen vorbeischaut, kann für die interne Teamfindung nur gut sein. Eine Standortbestimmung zur rechten Zeit. Man wird sehen können, wo der Zug eventuell hingeht. Denn dass die Teninger um den Titel mitspielen, dürfte ebenso unwahrscheinlich sein wie die akute Abstiegsgefahr der Badener. Ein Sieg gegen den Dauerkontrahenten könnte die Bremse zu einer langen und schnellen Fahrt lösen.