Meine Sicht auf Liga Drei (29)
Einen gnadenlos subjektiven, aber nicht allzu ernst nehmenden Blick auf die Dritte Liga Süd wagt Sportskanone Erhard VerWunderlich
Folge 29: Nach dem 22. Spieltag
Stell Dir vor, es ist zweite Liga und keiner will hin. Klingt komisch, ist aber so. Spricht man in diesen Tagen die Verantwortlichen der momentan relevanten Clubs zum Thema Aufstieg an, erntet man lediglich ein mitleidiges, oder vielmehr ein bemitleidenswertes Lächeln. Wie jedes Jahr kämpfen die Mannschaften um den größtmöglichen Erfolg in der Liga, unter anderem natürlich auch um den Aufstieg in Liga zwei. Gerade in Herrenberg und Umgebung wird man sich noch gerne an die Aufstiegsfeier 2010 erinnern.
Damals allerdings war ein Gang eine Etage höher noch ein einigermaßen, vor allem finanziell überschaubares Risiko. Durch die neugeschaffene Eingleisigkeit allerdings ist die Lage ein wenig anders geworden. Mit einer Verdoppelung des Etats muss der Schatzmeister schon rechnen, soll das Abenteuer zweite Liga nicht im Tal der Tränen oder gar im Tal der Insolvenz enden. Sportlich gesehen ist die zweite Liga sicher absolut reizvoll für jeden Drittligameister. Wenn man allerdings bedenkt, dass die HSG Konstanz bei einem Auswärtsspiel in Rostock genauso gut mal eben nach Rom fahren könnte, macht man sich schon ein paar Gedanken. Wobei Rom noch etwas näher liegt.
Und selbst wenn man den höheren Etat stemmen kann, verheißt dies noch lange nicht das sportliche Paradies, sprich den Klassenerhalt. Bestes Beispiel hierfür ist die SG Leutershausen. Letzte Saison im Drittligakarusell der Südstaffel noch in weit höheren Sphären schwebend als die Konkurrenz, ist das Löhr-Team im Moment auf den harten Boden des verheißungsvoll schimmernden PVC-Belags der Zweitligahallen gelandet. Bei Platz 20 mit sieben Punkten Rückstand auf das rettende Ufer ist da sicher nicht mehr allzu viel Platz nach unten. Den anderen Aufsteigern geht es auch kaum besser.
Und so wird es wohl auch in diesem Jahr passieren, dass nach dem letzten Spieltag der Meister der Südstaffel feiert. Er wird eben nur nicht wissen, was genau. Die eigentlich Leidtragenden sind natürlich die Spieler selbst. In Friedberg, Aspirant Nummer eins auf den Meistertitel, verfolgte man lange Jahre erfolgreich das Konzept mit der eigenen Jugend. Nun auf dem Höhepunkt, muss man trotz Erfolg resignieren vor den hohen Kosten. Aufsteigen kann man nur noch über einen Vereinswechsel. Das amerikanische Drafting lässt grüßen. Im deutschen Eishockey lebt man dies übrigens auch schon vor. Der Zweitligameister darf zwar nicht in die DEL aufsteigen, aber zumindest im Briefbogen den Erfolg erwähnen.
Wobei der Aufstiegsverzicht des Staffelsiegers noch ein Paradoxum nach sich ziehen könnte. Sollte zum Beispiel Friedberg in den nächsten vier Jahren nochmals Meister werden und auf die zweite Liga verzichten müssen, würde die Mannschaft automatisch in die Oberliga absteigen. Praktisch Abstieg durch Erfolg. Das einfachste Mittel wäre einfach, der Balinger Zweiten den Sprung an die Spitze zu gestatten. Die darf nicht aufsteigen und kann somit für den Erfolg nicht bestraft werden.
Gedankenspiele, die der SG H2Ku in diesem Jahr allerdings völlig fremd sind. Am Fuße der Stiftskirche geht das Wellental der Gefühle muntrer weiter. Gute Spiele, die Hoffnung geben, wechseln sich mit, nun ja, eher weniger guten ab. Bei noch fünf ausstehenden Heimspielen sind die Chancen gar nicht so schlecht auf den Klassenerhalt. Wenn man diese gewinnt. Sollte der Kampf um den Klassenerhalt letztendlich erfolgreich sein, würde die Nichtabstiegsfeier denn auch der Meisterfeier, wo auch immer diese stattfindet, stimmungstechnisch sogar den Rang ablaufen.