Meine Sicht auf Liga Drei (6)
Einen gnadenlos subjektiven, aber nicht allzu ernst nehmenden Blick auf die Handball-Regionalliga Süd wagt Sportskanone Erhard VerWunderlich
Folge 6: nach dem 20. Spieltag
Es ist wieder ruhiger geworden in Bad Neustadt. Vorerst zumindest. Wer in der handballfreien Zeit vor, in und nach dem Weihnachtsfest nicht auf seinen Lieblingssport verzichten wollte, wurde aus dem fränkischen Raum bestens bedient. Zwar nicht mit sportlich spektakulären Taten, wohl aber mit einem Unterhaltungsprogramm abseits des Spielfeldes, das nicht besser hätte vom Bestsellerautoren niedergeschrieben werden können. Zu verdanken haben wir als interessierte Außenstehende dies unter anderem der zwar löblichen, aber im Nachhinein wohl als untauglichen zu wertenden Maßnahme der dortigen Vereinsführung, zwecks Glaubwürdigkeit und Transparenz offensiv und öffentlich mit Problemen ans Tageslicht zu treten, die zum Teil jedenfalls besser intern geklärt worden wären.
Begonnen hatte alles kurz vor dem Weihnachtsfest mit der Entlassung eines durchaus polarisierenden Trainers Fritz Zenk, nachdem ihm vier Wochen zuvor mitgeteilt wurde, man lege nach der Saison keinen Wert mehr auf seine Dienste. Dies geschah übrigens unmittelbar nach dem Abschlusstraining vor dem so wichtigen Auswärtssspiel in Horkheim. Dass ihm mit dem blauen Brief gleichzeitig ein Hausverbot für die heimische Sporthalle überreicht wurde, lässt dann doch einiges am Verhältnis zwischen dem sportlichen Entscheidungsträger und den Machtoberen des Vereins erahnen. Pikant wird das Ganze noch durch die Tatsache, dass eben dieser vom Hof gejagte Übungsleiter zufällig der Berater von handballerischen Leistungsträgern des HSC ist. So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass gerade die Spieler Piroch und Tonar plötzlich nicht mehr für Bad Neustadt spielen wollten. Oder durften? Bis ins kleinste Detail wollte man sich dann doch nicht in die Karten schauen lassen. Dementis folgten auf Behauptungen und umgekehrt. Auf alle Fälle durfte der Handballfan noch vernehmen, dass ein Etatloch von sage und schreibe 150 000 Euro gestopft werden konnte, um somit die drohende Insolvenz zu vermeiden. Eine Summe, die wohl um einiges höher liegen dürfte, als manch Regionalligist für die gesamte Saison zur Verfügung hat. Man kann nur hoffen, dass zwecks Wettbewerbsgleichheit der Aderlass des Spielermaterials nicht noch weiter voranschreitet.
Ein Wunsch, der sicherlich nicht von den hinter den Neuschter platzierten Teams geteilt wird. Die wittern natürlich das angeschossene Wild sofort, auch gegen den Wind. Allen voran vor allem die DJK Rimpar. Beim geografischen und mittlerweile wieder tabellarischen Nachbarn waren eigentlich schon im Spätherbst die sportlichen Lichter ausgegangen. Aber mit den gesundeten Spielern kam auch das gesundete Selbstvertrauen und mit ihm die Punkte. Plötzlich fegte man beim Aufsteiger nicht nur das Papier nach Spielschluss, sondern auch reihenweise die Gegner aus der Halle .Und so hofft man in Rimpar nicht zu Unrecht, dass man den fränkischen Rivalen noch auf der Ziellinie abfangen könnte und gleichzeitig den schon nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenverbleib sichern könnte. Nötig dafür ist unter anderem auch ein Heimsieg gegen die SG H2Ku in wenigen Wochen.
Dass dies ein Spiel gegen einen Titelanwärter werden wird, konnte man Mitte Januar nicht unbedingt erwarten. Zu ernüchternd war der Auswärtsauftritt der Gäu- Sieben gegen Kronau/Östringen. Der Umstand, dass nach dieser Demütigung erster Güte viermal in Folge Zählbares aus fremden Hallen mit in den Bus gepackt werden konnte, eröffnet dem Team von Axel Kromer plötzlich wieder alle Möglichkeiten im Kampf um den Platz an der Sonne. Aus dem Auswärtsmotto "Nur Mieses auf Reisen" wurde inzwischen "Die Riesen auf Reisen", besonders geschuldet einem hocheffektivem Angriffswirbel. Da auch der Spitzenreiter aus Balingen schwächelt, schiebt man sich in der Spitzengruppe mal wieder in nicht enden wollender Höflichkeit die Favoritenbürde gegenseitig zu. Die Unbeteiligten betrachten die Spannung an der Spitze mit Interesse, die Beteiligten eher fast mit Verzweiflung und der Verfasser dieser Zeilen freut sich über ständig neuen Stoff zum Niederschreiben.